Von der heiligen Verena
Die heilige Verena, deren Tag am ersten September gefeiert wird, stand im Solothurnischen und im Aargau als Volksheilige in hohem Ansehen. Als Wohltäterin lebte sie in der Verena-Einsiedelei hinter Solothurn und soll dann auf einem Mühlstein die Aare hinunter bis nach Koblenz gefahren sein; in der Krypta der Stiftskirche von Zurzach ist sie begraben.
Zugleich steht der 1. September am Anfang des Herbstes, war also ein wichtiger Tag im Bauernjahr. In Wetterregeln erscheint nicht selten Verena als Person.
Die auffällige Tatsache, dass im reformierten Baselbiet der erste Sonntag im September noch immer Vreenesunndig heisst, und dass an ihm traditionsgemäss das Abendmahl gefeiert wird, hat vermuten lassen, dies beruhe auf der Erinnerung an die alte Heilige. Die Wirklichkeit ist prosaischer:
In der Reformationsordnung von 1529 wurden drei feste Abendmahlssonntage bestimmt: ⇒ Ostern, ⇒ Pfingsten und Weihnacht. Im Herbst klaffte demnach eine empfindliche Lücke. Diese musste aber bereits vor 1660 geschlossen worden sein, denn in der Reformationsordnung von diesem Jahr lesen wir über das Abendmahl: Dieses „soll wie bisshero auff Weyhnachten/ Osteren/ Pfingsten vnd in dem Herbst/ warunder jederweilen der erste Sonntag in dem Herbst-Monat verstanden werden solle/ in allen Gemeinden gehalten […] werden“. Der volkstümliche Name Verenasonntag wird im Text wohl absichtlich nicht verwendet, um eine Erinnerung an die frühere Heilige zu vermeiden.
[Nach Eduard Strübin: Jahresbrauch im Zeitenlauf, QuF, Liestal 1991]