GLOCKEN von BRETZWIL
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von Pfarrerin Franziska Eich Gradwohl, Bretzwil
Als Vorbereitung
Herzlich willkommen zu diesem besonderen Gottesdienst, wie wir ihn seit dem
22. März über die elektronischen Medien anbieten.
Wann immer Sie sich diese Einkehr gönnen, nehmen Sie sich ein wenig Zeit für die Vorbereitung:
• richten Sie es sich gemütlich ein, und zünden Sie eine Kerze an
• stellen Sie sich gerne ein Glas Wasser, einen Tee oder Kaffee in Reichweite
• denken Sie an jene Menschen, die Ihnen nahe sind, mit denen Sie aber wegen des Notstands nicht zusammen sein können
• die Texte der Lieder sowie sämtliche Zitate aus den biblischen Büchern sind nachstehend abgedruckt
Wir wünschen Ihnen eine wohltuende Feier.
Karin Engelbrecht (Homepage), Heidy Müller (Orgel), und Franziska Eich Gradwohl (Pfarrerin)
Gottfried Fischer: Glucke, Hirsch und Lerche
Grusswort
Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.
Amen
Mit diesen Worten aus dem 2. Timotheus-Brief herzlich willkommen zum Gottesdienst, den wir wieder miteinander am Bildschirm feiern dürfen.
Es sind wieder die grossen Sommerferien und viele Menschen sind unterwegs, geniessen die Sonne, die Wärme, die Freiheit und die hellen Abende. Auch Sie spüren vielleicht etwas von dieser Leichtigkeit, welche der Sommer mit sich bringt? Vielleicht sind Sie aber auch überhaupt nicht in Sommerlaune, geplagt von Sorgen, Trauer oder Krankheit?
So verschieden wir Menschen heute hier vor dem Bildschirm sitzen oder diese Texte lesen, so sind wir jetzt hier miteinander verbunden im Wunsch, uns an die Kraft zu erinnern, die uns Mut macht, Liebe schenkt und zur Besonnenheit verhilft.
So feiern wir Gottesdienst im Namen Gottes
Gott ist weiter als wir denken können.
Jesus Christus ist uns vorausgegangen
über von Menschen gesetzte Grenzen
In Gottes Geist können wir überwinden,
was uns von anderen trennt.
Amen
Lied 537, 1.3.8 Geh aus mein Herz
1. Geh aus, mein Herz, und suche Freud
in dieser lieben Sommerzeit
an deines Gottes Gaben;
schau an der schönen Gärten Zier
und siehe, wie sie mir und dir
sich ausgeschmücket haben,
sich ausgeschmücket haben.
2. Die Lerche schwingt sich in die Luft
das Täublein fliegt aus seiner Kluft
und macht sich in die Wälder;
die hochbegabte Nachtigall
ergötzt und füllt mit ihrem Schall
Berg, Hügel, Tal und Felder,
Berg, Hügel, Tal und Felder.
8. Ich selber kann und mag nicht ruhn:
des grossen Gottes grosses Tun
erweckt mir alle Sinnen;
Ich singe mit, wenn alles singt,
und lasse, was dem Höchsten klingt,
aus meinem Herzen rinnen,
aus meinem Herzen rinnen.
Eingangsgebet
Gott aus dir sprudelt alles Leben hervor.
Wie schön, wenn das in dieser Jahreszeit sichtbar und spürbar wird.
Wie schön, wenn wir in all den bunten Farben unserer Welt dich erahnen.
Lass deine Kraft wie Sonnenschein einziehen in unsere Herzen,
damit es in uns Sommer werden kann.
Zeig uns, wie wir im vollen Grün der Hoffnung stehen können.
Lass uns verschwenderisch sein mit dem Rot der Liebe.
Durchdringe uns mit dem Blau des Himmels,
mit dem tröstlichen Wissen, dass deine Güte in uns und um uns ist.
Komm zu uns, Gott des Lebens, mit jedem Atemzug,
damit es in uns licht und warm wird.
Amen
Lesung
Lukas5, 1-11: Berufung des Simon Petrus
51 Es geschah aber, während das Volk sich um ihn drängte und das Wort Gottes hörte und er am See Gennesaret stand, 2 dass er zwei Boote am Ufer liegen sah. Die Fischer waren ausgestiegen und wuschen die Netze. 3 Da stieg er in eines der Boote, das Simon gehörte, und bat ihn, ein wenig vom Land wegzufahren. Dann setzte er sich und lehrte die Menge vom Boot aus. 4 Als er aufgehört hatte zu reden, sagte er zu Simon: Fahr hinaus ins Tiefe, und werft eure Netze zum Fang aus! 5 Und Simon entgegnete: Meister, die ganze Nacht hindurch haben wir gearbeitet und nichts gefangen, aber auf dein Wort hin will ich die Netze auswerfen. 6 Das taten sie und fingen eine grosse Menge Fische, ihre Netze aber drohten zu reissen. 7 Da winkten sie den Gefährten im anderen Boot, sie sollten kommen und mit ihnen Hand anlegen. Die kamen, und sie machten beide Boote so voll, dass sie beinahe versanken. 8 Als Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füssen und sagte: Geh weg von mir, Herr, denn ich bin ein sündiger Mensch. 9 Denn er und alle mit ihm erschraken über den Fang, den sie getan hatten; 10 so auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, die Simons Gefährten waren. Da sagte Jesus zu Simon: Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen. 11 Und sie brachten die Boote an Land, liessen alles zurück und folgten ihm.
Amen
Lied 18, 1-3.5 Der Herr, mein Hirte, führet mich
1. Der Herr, mein Hirte, führet mich.
Fürwahr, nichts mangelt mir.
Er lagert mich auf grünen Au’n
bei frischem Wasser hier.
2. Erquickung schenkt er meiner Seel
und führet gnädiglich
um seines hohen Namens Ehr
auf rechter Strasse mich.
3. Geh ich durchs dunkle Todestal,
ich fürcht kein Unglück dort,
denn du bist da, dein Stecken und Stab
sind Tröstung mir und Hort.
5. Ja, deine Güte folget mir
mein ganzes Leben lang.
Und immerdar im Haus des Herrn
ertönt mein Lobgesang.
Predigt zu Lukas5, 1-11 – Berufung erste Jünger
Liebe Gemeinde,
oft werde ich gefragt: „Wie bist du denn auf die Idee gekommen, Pfarrerin zu werden?“. Es gibt wahrscheinlich kaum einen Beruf, der so oft mit dieser Frage konfrontiert wird. Die Frage erinnert mich auch an frühere Jahre während des Studiums. Wenn ich jemanden auf einem Fest kennenlernte, brach spätestens nach der Frage „Was machst du so?“ und meiner Antwort „Ich studiere Theologie“, jegliche Leichtigkeit des Gesprächs ab und wurde ernst. „Warum? Bist du so fromm? Was machst du denn später damit?“. Ich denke, sämtliche Pfarrkolleginnen und Pfarrkollegen könnten Ähnliches erzählen.
Ja, warum mache ich das, was ich jetzt mache? Warum bin ich Pfarrerin geworden?
Vielleicht enttäusche ich Sie jetzt, wenn ich nicht von einem Blitz oder einer einschneidenden Erfahrung erzählen kann, die mir von einer Sekunde auf die andere meinen Weg aufzeigte. Meine Entscheidung war eher ein längerer Prozess und hat neben dem Interesse vor allem auch an vielen Menschen gelegen, die mich in der Jugendzeit begleitet haben, Jugendgruppe, Jugendarbeiterin, Pfarrerinnen und Pfarrer und Begegnungen mit überzeugenden Menschen, die in der Kirche mitgearbeitet und mitgewirkt haben.
Ja, wahrscheinlich wächst „Berufung“ erst aus echten Begegnungen und einer Portion Offenheit für ungewöhnliche Wege.
Unser Predigttext erzählt heute auch von einer Berufung auf einen ungewöhnlichen Weg. Simon, Jakobus und Johannes begegnen Jesus an ihrem Arbeitsplatz – also mitten im Alltag. Jesus ist schon länger in und um Kapernaum, dem Wohnort der drei Fischer, unterwegs. Er predigt, er heilt, er ist ansprechbar, macht sich sogar angreifbar in seiner Offenheit und begegnet den Menschen auf Augenhöhe. So auch hier. Er bittet Simon um Hilfe und predigt von dessen Boot aus. Simon dürfte ihm gut zugehört haben, vielleicht hat er dabei Netze geflickt oder einfach nur das Boot ruhig gehalten. Irgendetwas an der Rede Jesus, an seinem Auftreten berührt Simon offensichtlich.
Auf jeden Fall folgt er der Aufforderung Jesu, doch nochmals in der Mittagshitze hinauszufahren und erneut zu fischen.
Eigentlich könnte er mit guten Gründen anders reagieren: „Jesus, wie blöd ist das denn? Mittags fängt man nicht einen Fisch!“ oder „Du, das haben wir schon gemacht, hat auch nicht geholfen!“ oder „Jesus, das haben wir noch nie gemacht, warum sollten wir jetzt damit anfangen?“
Liebe Gemeinde,
vielleicht kommen Ihnen diese Argumente bekannt vor? Sie werden oft „Totschlagargumente“ genannt, weil man eigentlich als Gegenüber nicht gegen sie ankommt.
Das haben wir noch nie gemacht!
Das machen wir schon immer so und nicht anders!
Bei Simon läuft es erfrischend anders. „Auf dein Wort hin will ich die Netze auswerfen!“ Simon lässt sich auf Jesus ein. Er ist offen für neue oder andere Ideen und setzt sie in die Tat um, und erlebt im wahrsten Sinn des Wortes sein „blaues Wunder“.
Liebe Gemeinde,
offen sein für „Überraschend-anders-Sein“ kann ich das?, frage ich mich. Können Sie es?
In den letzten Monaten mussten wir mit Überraschungen umgehen lernen, die leider nicht zu den schönen Überraschungen gehören. Wir mussten überraschend lernen, mit dem kleinen Virus zu leben und sind immer noch daran. Und wir merken: Veränderungen sind manchmal sehr schwer.
Aber wir sind immer wieder Veränderungen ausgesetzt, manchmal so wie momentan, mit Veränderungen auf der Welt, die sich direkt in unserem Leben auswirken. Es gibt selbstverständlich aber auch Veränderungen in unseren Dörfern und Kirchgemeinden, die vor grossen Herausforderungen stehen.
Oft sind es Veränderungen im persönlichen Umfeld, eine Heirat, der Auszug eines Sohnes oder einer Tochter, ein Stellenwechsel oder gar der Verlust der Arbeitsstelle, Krankheiten oder Umzüge, Pensionierung, Geburt eines Kindes oder der Abschied von einem geliebten Menschen.
Veränderungen sind so etwas wie die Konstante in unserem Leben. Wandel fordert uns heraus, lässt uns manchmal auch entdecken, was wir niemals für möglich gehalten hätten. Immer wieder höre ich von Menschen, die im Wandel besondere Herausforderungen, aber auch grosse Talente und Kräfte entdecken. Manche nehmen ihr Leben ganz neu und anders in die Hand, andere finden neue Freundinnen und Freunde, so wie Simon, der sich auf das Wort Jesu einliess und einen Riesenfang gemacht hat. Dieses Erlebnis zeigt auch uns: bleiben wir offen für Gottes überraschende Wege: auch wir könnten mit ihm unser „blaues Wunder“ erleben.
Simon ist nach seinem „blauen Wunder“ tief berührt. Lukas schreibt: denn er und alle mit ihm erschraken über den Fang…, und er bittet Jesus, zu gehen, denn er, Simon, sei kein guter Umgang. Er sei ein sündiger Mensch, so sagt er. Jesus jedoch sieht darin ganz deutlich die Angst des Simon und sagt: „Fürchte dich nicht!“,
oder etwas ausführlicher: „Nimm die Veränderung an. Gerade du hast mir doch gezeigt, dass du offen bist, dass du dich auf anderes einlassen kannst.“ So gesehen ist Simon perfekt.
Dieser Simon, der später Petrus genannt wird, soll Jesus noch einige Male herausfordern, ja auf die Nerven gehen. Er ist auch nach seiner Berufung nicht einfach ein anderer Mensch und schon gar nicht „der perfekte Superjünger“. Aber er wird von Jesus zum Menschenfischer „berufen“.
Was wir heute mit dem Begriff „Menschfischer“ noch anfangen können – das wäre Bestandteil einer fast schon eigenen Predigt. Aber Jesus hat diesen Simon berufen. Ihn will er.
Gott braucht keine perfekten Menschen. Dies zeigt sich schon in unzähligen Berufungsgeschichten im ersten Testament. Abraham, der sich beim Pharao nicht zu sagen traut, dass die schöne Frau seine Ehefrau ist; Sarah, die zu alt ist, um noch Kinder zu gebären; Jakob, der Betrüger wird ebenso berufen wie Joseph, der grosse Angeber. Moses, dem die Gabe des Redens nicht in den Schoss gelegt worden ist – oder Jona, der gar keine Lust hat, nach Ninive zu gehen!
Gott braucht keine perfekten Menschen, sondern Frauen und Männer wie wir es sind. Gott braucht uns. Ganz häufig sind uns unser Unvermögen, unsere Schwächen sehr wohl bewusst, ja präsenter als alles andere. Da brauchen wir manchmal Menschen, die auf uns zugehen und uns unsere Talente, Begabungen und Gaben vor Augen führen.
Auch für mich war die Berufung zu Pfarrerin ein längerer Weg, der viel damit zu tun hatte, dass ich überhöhte Vorstellungen davon hatte, was man da für ein perfekter Mensch sein muss.
Liebe Gemeinde
Offen sein für das, was uns entgegenkommt, hat auch viel mit Vertrauen zu tun. Simon konnte diesem Jesus vertrauen und fuhr entgegen aller Vorbehalte nochmals auf den See hinaus. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott uns mit all unseren Schwächen und Talenten kennt und liebt. In diesem Vertrauen und in der Zuversicht, dass Gott uns begleitet, dürfen wir offen sein und bleiben für ungewöhnliche Wege und es wagen, mutig auch einmal ausgetretene Pfade zu verlassen. Gott wird mit uns sein.
Amen
Anonymus: Es ist das Heil uns kommen her
Fürbitten und Unser Vater
Barmherziger Gott, du lässt deine Sonne aufgehen über Böse und Gute,
du lässt es regnen über Gerechte und Ungerechte.
Schenke allen, die sich aufplustern und angeben,
allen Blendern und Selbstdarstellerinnen
einen Augenblick der Besinnung, in dem sie aufatmen
und merken, dass sie angenommen sind mit ihren Schwächen und Ängsten.
Jesus Christus, auf dein Wort hin machen Menschen sich auf,
wandern in die Zeit und werden zum Segen für die Erde.
Schenke allen, die Angst haben vor dem kleinsten Risiko,
die mehr Sicherheit brauchen als nötig,
die sich nicht trauen, aus sich herauszugehen
einen Augenblick der Besinnung, in dem sie aufatmen
und merken, dass sie mit Dir etwas mutig wagen dürfen.
Heiliger Geist, du beflügelst Menschen
und lässt sie handeln und leben nach Jesu Wort.
So schenke Kranken und Einsamen,
Flüchtenden und Hungernden,
Mühseligen und Beladenen
einen Augenblick der Besinnung, in dem sie aufatmen
und merken, dass sie Trost und Zuversicht haben dürfen,
und dass ihnen geholfen wird.
Was uns freut, was uns belastet und alle Menschen, an die wir denken,
bringen wir in einem Moment der Stille vor Gott.
– S T I L L E –
Unser Vater im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen
Lied 843, 1-3 Vertraut den neuen Wegen
1. Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr euch weist.
weil Leben heisst: sich regen, weil Leben wandern heisst.
Seit leuchtend Gottes Bogen am hohen Himmel stand,
sind Menschen ausgezogen in das gelobte Land.
2. Vertraut den neuen Wegen und wandert in die Zeit.
Gott will, dass ihr ein Segen für seine Erde seid.
Der uns in frühen Zeiten das Leben eingehaucht,
der wird uns dahin leiten, wo er uns will und braucht.
3. Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt.
Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft ist sein Land.
Wer aufbricht, der kann hoffen in Zeit und Ewigkeit.
Die Tore stehen offen, das Land ist hell und weit.
Segen
Geht in der Kraft, die euch gegeben ist
Einfach – leichtfüssig – zart
Haltet Ausschau nach der Liebe
Gottes Geist geleite euch
Amen
Gottfried Fischer: Die Bächlein rauschen; ich singe mit