GLOCKEN von BRETZWIL
(auf Bild klicken)
von Pfarrerin Bettina Kitzel (Stellvertretung), Bretzwil
Als Vorbereitung
Herzlich willkommen zu diesem besonderen Gottesdienst, wie wir ihn seit dem 22. März über die elektronischen Medien anbieten.
Wann immer Sie sich diese Einkehr gönnen, nehmen Sie sich ein wenig Zeit für die Vorbereitung:
• richten Sie es sich gemütlich ein, und zünden Sie eine Kerze an
• stellen Sie sich gerne ein Glas Wasser, einen Tee oder Kaffee in Reichweite
• denken Sie an jene Menschen, die Ihnen nahe sind, mit denen Sie aber wegen des Notstands nicht zusammen sein können
• die Texte der Lieder sowie sämtliche Zitate aus den biblischen Büchern sind nachstehend abgedruckt
Wir wünschen Ihnen eine wohltuende Feier.
Karin Engelbrecht (Homepage), Raphael Weber (Orgel) und Bettina Kitzel (Pfarrerin)
Safe and Sound
Begrüssung
Liebe Gemeinde,
herzlich möchte ich Sie alle an den Bildschirmen begrüssen zum Sonntag nach Ostern, wieder als Lesegottesdienst. Vielleicht zünden Sie sich eine Kerze an oder nehmen einen schönen Blumenstrauss in den Blick.
Dieser Sonntag heisst „Wie die neugeborenen Kinder“ und will uns willkommen heissen als Kinder der Auferstehung. Wir sind die, die von Ostern her kommen, von der Auferstehung, gerade auch jetzt im Zeichen der Pandemie.
Und so feiern wir
im Namen Gottes, Vater und Mutter alles Lebendigen
im Namen Jesu, der als Auferstandener uns neu ins Leben führt
im Namen der Heiligen Geistkraft, die uns allen den Atem schenkt.
Amen.
Lied 162, 1.5 Gott ist gegenwärtig
1. Gott ist gegenwärtig. Lasset uns anbeten
und in Ehrfurcht vor ihn treten.
Gott ist in der Mitte. Alles in uns schweige
und sich innigst vor ihm beuge.
Wer ihn kennt, wer ihn nennt,
schlag die Augen nieder;
gebt das Herz ihm wieder.
5. Du durchdringest alles; lass dein schönstes Lichte,
Herr, berühren mein Gesichte.
Wie die zarten Blumen willig sich entfalten
und der Sonne stillehalten,
lass mich so still und froh
deine Strahlen fassen
und dich wirken lassen.
Gebet:
Ja, lieber Gott,
berühr du mit den Strahlen deiner Liebe
unser Gesicht.
Alles, was wir heute morgen denken und fühlen,
wollen wir durchwärmen lassen
von dir, unserem Licht.
Gott, es ist so viel Beunruhigendes geschehen.
So vieles, was unsere Gedanken hin und her purzeln lässt und uns verstört.
Wenn wir Radio hören oder einkaufen gehen,
immer wieder kreisen die Gespräche um das Virus.
Wir bitten dich, dass du kommst
in deiner Behutsamkeit
und in deiner ordnenden Klarheit über verworrenen Zeiten,
dass du kommst mit deiner Ruhe,
in alles, was in uns durcheinander geworfen ist.
Du unser grosses liebendes Du – wir bergen uns in dir
und alle Menschen, denen wir auch jetzt an diesem Sonntag verbunden sind.
Lass sie spüren, dass sie uns lieb sind
und wir an sie denken.
Amen.
Lied 462, 1-3 Christ ist erstanden
1. Christ ist erstanden
von der Marter alle.
Des solln wir alle froh sein;
Christ will unser Trost sein. Kyrie-eleis.
2. Wär er nicht erstanden,
So wär die Welt vergangen.
Seit dass er erstanden ist,
so freut sich alles, was da ist. Kyrie-eleis
3. Halleluja, Halleluja,
Halleluja.
Des solln wir alle froh sein;
Christ will unser Trost sein. Kyrie-eleis.
Predigttext Matthäus 14, 22-33
22 Kurz danach forderte Jesus die Jüngerinnen und Jünger auf, in das Boot zu steigen und ihm ans andere Ufer vorauszufahren, bis er die Volksmenge verabschiedet habe. 23 Und er verabschiedete die Volksmenge und stieg auf einen Berg, um allein zu sein beim Beten. Als es Abend geworden war, war er dort ganz für sich allein. 24 Das Boot war schon viele 100 Meter vom Ufer entfernt und kämpfte mit den Wellen. Der Wind war ungünstig. 25 In der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen. Er ging über den See. 26 Die Jüngerinnen und Jünger sahen, wie er auf dem Wasser lief, und erschraken und meinten, er sei ein Gespenst. Und sie schrien vor Angst. 27 Jesus sprach sie sofort an und sagte: „Seid mutig, ich bin es. Fürchtet euch nicht!“ 28 Petrus antwortete ihm: „Wenn du es bist, dem ich gehöre, dann sag mir, dass ich über das Wasser zu dir kommen soll.“ 29 Er antwortete: „Komm.“ Petrus stieg aus dem Boot aus und lief über das Wasser, um zu Jesus zu gelangen. 30 Als er den starken Wind wahrnahm, bekam er Angst und begann zu versinken. Er schrie: „Ich gehöre dir, rette mich!“ 31 Jesus streckte sofort seine Hand aus und ergriff ihn und sagte: „Du mit deinem geringen Vertrauen! Warum zweifelst du?“ 32 Als sie dann ins Boot gestiegen waren, legte sich der Wind. 33 Die im Boot aber fielen vor Jesus nieder und sagten: Du bist wirklich Gottes Sohn!“
Lied 701, 1-4 Wir sind dein Eigentum
1. Wir sind dein Eigentum, wir sind in deinen Händen:
Wir trauen deiner Macht an allen Enden.
2. Wir sind in grossem Kampf, wir sind in grossem Frieden:
Vergebung unsrer Schuld ist uns beschieden
3. Wir irren jeden Tag, wir zweifeln und wir sorgen,
und dennoch bleibt das Herz in Gott geborgen.
4. Wir sind in seiner Hand, wir sind von ihm umgeben.
O Gott, wir danken dir für dieses Leben
Predigt
Liebe Gemeinde,
diese unsere Welt hat sich verändert, die Abfolge der Ereignisse war rasant. Zahlen und Kurven, Gesetze und Einschränkungen. Immer wieder die Einschätzungen der Virologen.
Manchmal kommen wir fast nicht hinterher. Zumindest ging es mir immer wieder einmal so. Wer regiert mich, regiert uns in der Krise? Meine oder fremde Ängste um Gesundheit oder das wirtschaftliche Überleben? Wo ist Gott?? Wo Jesus? Kann er da sein, sich da mittendrin zu Wort melden?
Immer wieder scheint er weit weg, ganz woanders, nicht in der Nähe.
So wie hier im Matthäusevangelium.
Zwölf Männer.
Sie fahren über den See – doch das Wetter schlägt um, und ein Sturm zieht auf.
Das Fischerboot mit den zwölf Männern hat mit den Wellen zu kämpfen. Und in der vierten Nachtwache, zwischen drei und sechs Uhr in der Nacht kommt Jesus.
Die Jünger haben Jesus nicht auf dem Schirm. Denn sie haben Jesus ja zurückgelassen. Sie denken ihren Rabbi auf dem Berg am anderen Ufer. Er wollte in die Stille gehen und beten!
Da kommt also einer – Er kommt mitten im Sturm.
Und es ändert sich zunächst nicht viel.
Die zwölf durchnässten Männer sind im Boot mit den dünnen Wänden.
Wasser schlägt ins Boot.
Es sind nach wie vor hohe Wellen… die Gefahr bleibt.
Das finde ich bemerkenswert an dieser Geschichte:
Dass Jesus kommt, mitten im Sturm, das ist noch nicht der Wendepunkt in der Gefahr!
Dass er auftaucht, das verbessert die Situation nicht automatisch. Denn seine Leute erkennen ihn nicht. Die Gestalt eher ein Trugbild, ein Gespenst.
Es ist irgendwas „Schwammiges“.
Die Jünger hatten ja gar keine Hoffnung, dass Jesus kommt.
Sie glauben sich Gott-fern.
Sie sind im Kampf, – Jesus hat sie ja vorausgeschickt, nun sind sie allein,
haben nur noch ihre eigenen Kräfte, um zu überleben.
Das kann ich nachempfinden.
Was heisst das damals, heisst das heute:
– Mich bewähren?? Und zwar (scheinbar!) ohne Gott?
Wenn ich darum kämpfen muss, mich und meine Familie durch eine so unvermutete Situation wie dieser Tage durchzubringen und von Tag zu Tag zu rudern und mich zu bewähren??
Sie – die Jünger – müssen sich bewähren, ohne Unterlass eingespannt an den Rudern. Was das an Kraft kostet, den Kurs nicht zu verlieren.
Soviel Geschick, soviel Aufmerksamkeit und Mut muss man aufbringen,
dem Sturm die Stirn zu bieten. Und sich nicht unterkriegen zu lassen, weder vom Wetter noch von der eigenen Angst.
Der Sturm bleibt.
Jesus kommt.
Und die Wellen sind hoch.
Die Gemeinde nach Ostern sammelt die Jesusgeschichten, oftmals Sturm-Geschichten, so wie diese heute im Matthäusevangelium. Diese Geschichten haben ihren Fokus, ihren Blick nicht auf dem „Schön-Wetter-Glauben“. Sondern sie fragen mitten im Sturm:
• Was geschieht mit der Beziehung zu Gott?
• Gerade wenn die Situation so bedrohlich wird?
Schauen wir nochmal in die Situation der Geschichte: Jesus erscheint ihnen in der Dunkelheit zwischen drei und sechs Uhr morgens.
Die Wellen gehen hoch, im Dunkeln und von Ferne sieht man eine Gestalt, die auf den Wellen umhergeht. Die Gischt macht den Anblick unscharf. Ein verrücktes, spukhaftes Bild, eher aus einem unheimlichen Film.
Die Jünger schreien vor Angst.
Und die Angst lähmt, verstellt den Blick.
Diese Gestalt, da mitten auf den Wellen, das muss ein Gespenst sein.
Diesen Jesus, der eigentlich zum Helfen kommt, den halten sie eher für ein Schreckbild.
Diese zwielichtige Gestalt,
das kann er ja wohl jetzt nicht sein.
Sie sind nass.
Es geht ihnen schlecht.
Der Atem geht schnell.
Liebe Gemeinde:
in diese Situation hinein spricht diese „Gestalt“ behutsam: Ich bin es. Ich bin da. Fürchtet euch nicht.
Hier prallen drangvolle menschliche Wirklichkeit und das klare und fürsorgende „Sich-zu Erkennen-Geben“ von Jesus aufeinander.
Da, wo die Gott-Ferne zu sein scheint.
Und der Sturm noch immer tobt.
Da hindurch dringt Jesus.
„Ich bin es. Ich bin der „Ich-bin-da“. Habt keine Angst ich bin es.!! Ihr müsst euch nicht mehr fürchten. Ich, Jesus, bin mitten in der Situation.“
Wie die elf anderen Jünger auf das „Fürchtet euch nicht“ von Jesus reagieren,
– ob ihre Angst kleiner wird, erfahren wir nicht.
Es wird nur geschildert, wie Petrus reagiert.
Als Jesus sich so liebevoll nähert…
Da fällt in den Tunnel von Petrus’ Angst ein Licht.
Ein Funken Hoffnung, den man sich eben nicht selbst geben kann. Ein Funke, der sich in Petrus entzündet, etwas zum Brennen bringt. Ja, obwohl er sogar noch unsicher ist, ob es Jesus selbst ist und nicht ein Gespenst.
Und das tröstet mich, denn Petrus als Mensch bleibt ähnlich wie ich, nämlich voll Hoffnung und gleichzeitig voll Zweifel und zwar im selben Moment…
„Ja Herr, wenn du es bist, wenn wirklich du es bist!, dann befiehl mir doch, auf dem Wasser ZU DIR ZU KOMMEN!!“
Welche Worte…
Und daraufhin sagt Jesus sehr schnell:
„Ja, Petrus KOMM!!!“
Und in dem „KOMM“ steckt:
„Du kannst, was dich bedroht, unter die Füsse nehmen.
Die Wasser verschlingen dich nicht.
Das, was dich bedroht, soll dich nicht hindern.
Du kannst es unter die Füsse nehmen
und darauf gehen.“
Es fasziniert mich – dieses Losgehen von Petrus.
Er stellt seinen Glauben, sein Vertrauen auf die Probe. Er hofft und zweifelt. Dann setzt er „sein bisschen“ Vertrauen ein – und geht los.
Dadurch macht dieser Mann mitten im Sturm ganz neue Erfahrungen.
Das ist toll, fasziniert mich. Das möchte ich auch können!
Petrus wagt… den ersten Schritt.
Er wagt es, sich auf das stürmische Wasser des Sees Genezareth zu stellen.
Er wagt den ersten Schritt über den Bootsrand.
Dieses Wagnis, dieser Schritt fasziniert mich.
Petrus erprobt es, wie weit er kommt. Wie weit ihn sein Vertrauen trägt…
Er will zu Jesus, das ist ihm so wichtig, dass er rausgeht auf das Wasser.
Ein Sprung zu uns hier in die Wohnungen im Baselbiet:
Ich vermute, wenn man uns im Januar erklärt hätte, dass in ganz Europa die Kinder nicht mehr in der Schule sind, sondern zu Haus von Vätern, Müttern und den online zugeschalteten Lehrpersonen beschult würden, hätten wir das kaum geglaubt.
Zu unwahrscheinlich.
Und doch ist es eingetreten im Hier und Jetzt!!
Menschen wachsen über sich hinaus,
mitten in der Einsamkeit des Kontaktverbots die einen oder mitten in der krassen Überforderung die anderen – ein Schritt auf ungesichertes Gelände.
Kann ich, können wir auf dem Wasser gehen??
Auf einem Element, das uns total verunsichert?
Wie ist das im Evangelium?
ICH SCHAU PETRUS ZU:
Fast beneide ich ihn. ER ist so vorwitzig
So, als ob Petrus denken würde: „Jetzt will ich es aber auch wissen, wie weit ich wirklich komme, wenn DIESER DA SAGT: „Komm“.“
Petrus hat in sich Mut und Zweifel –
gibt aber dem Fädchen Mut in SICH eine Chance.
Und deshalb geht er los.
Er ist ein Ausprobierer und ein Verhandler mitten im Sturm:
Petrus riskiert was, gibt sein Herz!
Ich sehe förmlich, wie Petrus sein Herz über’s Wasser wirft und aus dem Boot herausklettert, als er sein Herz schon über das Wasser geschickt hat.
Als ob Petrus sagt:
„Wenn du es wirklich bist – Jesus,
dann heisst es was für mich.
Du hast eben gesagt: Fürchte dich nicht!
Und wenn du es bist, dann will ich das glauben.“
Ja, und dann?
Dann schaut Petrus auf die Wellen.
Dann…
auf einmal zählen die guten Erfahrungen nicht mehr,
die er vorher schon mit seinem Rabbi gemacht hat.
Petrus schaut Jesus nicht mehr an, und er geht unter mitten im Sturm.
Liebe Gemeinde,
die Bibel ist ganz realistisch in dem, was sie uns erzählt
• Weil Petrus die Grösse der Wellen sieht
• weil sich die Angst einschaltet
• weil er nach unten schaut
• beginnt er zu sinken!!!
Petrus hat vertraut,
aber nun zweifelt er, und beides gehört zusammen.
Beides darf sein.
Petrus zweifelt: Das ist so menschlich.
Und Achtung: Dieser Mann macht im Zweifeln, gerade dann, als er ins Wasser fällt, die Erfahrung, um die er gebeten hat. Er wollte ja herausfinden, ob die Gestalt im Halbdunkeln wirklich Jesus ist. Seine bange Frage, ob die Gestalt Jesus ist oder nicht, die klärt sich unvermutet, wenn wir die Geschichte genau verfolgen.
Denn Petrus wendet sich im Versinken nicht an seine Mitjünger,
etwa indem er zu den anderen elf Jüngern schreien würde, die noch im Boot sitzen: „Seht mal zu, ob ihr mich nicht rausziehen könnt…“
Sondern er wendet sich an Jesus: „Hilf mir, ich versinke“.
Als Petrus absackt und die Kälte des Wassers spürt, da wendet er sich sofort an Jesus!!! Da ist Petrus klar, dass er kein Gespenst ist.
Und Jesus reagiert sofort. Hält ihm keine Vorträge!
Petrus spürt Jesu Hand, die ihn aus dem Wasser zieht.
Und er hört die Worte Jesu: „Hej, du mit dem kleinen Glauben, ich bin doch da. Spür mal…“
Wer glaubt, darf mitten im Glauben auch zweifeln.
Das gehört dazu! Und das finde ich tröstlich, da muss ich nicht immer stark sein.
Ja,
ich möchte Erfahrungen machen wie Petrus.
Ich möchte merken, dass mir Schritte möglich werden, die ich für gar nicht machbar hielt. Vielleicht reicht mein Mut nur für einen Tag oder für
eine Stunde, und dann kommt wieder eine Phase des Zweifelns. Das darf auch so sein.
Für Gott ist das nicht das Problem.
Jesus kommt schon damit klar, vielleicht besser als ich, vielleicht als wir alle
mit unseren Ansprüchen, fromm und „stark“ durch Krisen zu gehen.
Auf dem Wasser meiner Angst gehen lernen.
In hoher Abhängigkeit von Gott – so wie Petrus.
Ich finde es total tröstlich, wie schnell Jesus reagiert, als Petrus vor Angst auf die Höhe der Wellen schaut und versinkt. Er reagiert sofort. Er zögert keine Minute, sich um Petrus zu kümmern.
Sehr schnell spürt Petrus die kräftige Hand von Jesus, die ihn aus dem Wasser zieht. Und dann geht Jesus mit ihm zum Boot, wo die anderen elf Jünger noch sitzen.
Was für ein Bild: Diese beiden Männer im Sturm.
Petrus, der an der Hand von Jesus über das Wasser schreitet.
Auch eindrucksvoll für die zitternden anderen Jünger im Boot.
Den anderen bleibt der Mund offenstehen. Der Sturm legt sich, fast beiläufig berichtet es der Erzähler. Und jetzt sagen die im Boot: „Du bist der Sohn Gottes.“
Ruhe kehrt ein.
**********
Liebe Gemeinde
Es ist schon eine merkwürdige Geschichte
mit dem Boot in der Nacht und den hohen Wellen.
Wo wir doch immer wieder erleben, dass es Dinge gibt, die für uns eine Nummer zu gross sind. Das kann jetzt die Corona-Krise sein, ein unvermutetes Aus-dem-Trott geraten, weil sich die Dinge so überstürzen.
Das können aber auch jenseits von Corona Herausforderungen sein, die uns zu überfordern scheinen… Wenn ich neuen Aufgaben gerecht werden muss. Oder einer schwierigen Aussprache, die ich schon lang vor mir herschiebe, einfach nicht mehr ausweichen kann, obwohl ich sie mir nicht recht zutraue. Gerade da, wo Familien sich augenblicklich räumlich viel mehr ausgesetzt sind, als sie es eigentlich gewohnt sind.
Wenn ich einen Schritt ins Ungewohnte wagen muss, dann stellt diese Geschichte Fragen:
• Kann ich da, wo die Wellen über mir scheinbar zusammenschlagen, über das Wasser gehen?
• Glaube ich der Angst, die mich eng macht?
• Wie ist das mit der Gestalt auf dem Wasser?
• Erkenne ich, wo mir ein von Gott gesandter Helfer oder Hinweis von anderen entgegenkommt? Wo Jesus, wo Gott seine Hand reicht? Oder verkriech ich mich und deute alle Hilfe als „Gespenst“?
Ganz besonders in Situationen, die unübersichtlich sind, wo wir etwas vor uns haben, was wir nicht abschätzen können, finde ich diese Sturm-Geschichte für mich hilfreich.
Nein, ich bin keine Fischerin, und Sie ja ebenfalls nicht. Wir wohnen weit weg vom See Genezareth und geraten doch in Stürme, auch als Glaubende. Und doch gerät auch mein Glaube immer wieder ins Wanken. Das Gefühl, „Gott ist weg“ kann sich in mir ausbreiten, ob es mir passt oder nicht!
Mir ist der Anfang der Sturmstillungsgeschichte wichtig:
Die Jünger wussten, dass Jesus nicht da war.
Er ist doch im Gebet am anderen Ufer. Auf dem Berg. Eben nicht da.
Doch obwohl die Jünger das fest zu wissen glaubten, ist Jesus frei zu handeln. Obwohl er (für unser Gefühl) „nicht da“ ist, kommt er.
Ganz gleich, ob ich ihn für weit weg halte, kommt er.
Das sagt die Geschichte: Die Not der Jünger ist Jesus nicht egal.
Meine und Ihre Not und Überforderung ist Gott nicht egal.
Jesus kommt. Die Art, wie er kommt, die erscheint manchmal fremd.
Manchmal erkenne ich ihn spät oder gar nicht, wie die im Boot rudernden Jünger…
Und Seine Lösungsmöglichkeiten sind andere wie meine, andere Formen wie die, die ich auf dem Schirm habe, manchmal auch ausserhalb des Horizonts, in dem ich lange gelebt und in dem ich mich eingerichtet habe. Mich etwas zu trauen, das fällt mir nicht immer leicht.
Auch nicht jetzt, im Corona-Alltag. So zum Beispiel im Mietshaus, in dem ich lebe, um konkrete Hilfe zu bitten. In der Strasse, in der ich lebe, Kontakt zu Christen aufzunehmen, die aus allen möglichen Gemeinden kommen, Freikirchen, portugiesische Gemeinde, Adventisten. Seit Jahren grüsst man sich nur kurz beim Vorübergehen – auf einmal sind wir so richtig konkret aufeinander angewiesen, „rudern in einem Boot“.
Liebe Gemeinde,
in diesen Wochen ist unsere Kreativität gefragt, unser Mut, etwas Neues auszuprobieren. Ich bin froh, dass uns aus dem Sturm heraus einer die Hand reicht, der auf den Wellen gehen kann. Und der jeden und jede von uns meint und kennt.
Gott gebe Ihnen allen Phantasie und Spannkraft, neue Wege auszuprobieren, und einen langen Atem, um auch mal auf dem Wasser der Angst gehen zu lernen.
Amen.
J.S. Bach: BWV 627 Christ ist erstanden
Fürbitte
Guter Gott,
innerhalb weniger Wochen hat sich unser aller Leben radikal verändert durch Corona.
Wir denken an die Menschen die für uns arbeiten in der Pflege, im Supermarkt, an die vielen Menschen die in den Paketdiensten unsere Online-Bestellungen ausliefern. An alle, die unter grosser Anspannung und eigenen Ängsten vor Ansteckung arbeiten. Wir bitten dich, dass es auch über die Krise hinaus zu einem Umdenken auch bei den Löhnen kommt, wenn uns in diesen Tagen so bewusst wird, wie wichtig ihre Berufe sind.
Wir denken an unsere Kranken und Sterbenden und ihre Angehörigen, die oft ihre Lieben nicht begleiten können.
Wir denken an alle, die die langen einsamen Zeiten in der Wohnung nicht gut aushalten.
Wir denken an alle Mütter und Väter und Schulkinder und bitten dich um Humor, Gelassenheit und Weisheit, dass sie gegenseitig auch immer wieder mal Fünfe gerade sein lassen können.
Und wir bringen dir die fernen Kranken, die in den Ländern anderer Kontinente als Tagelöhner arbeiten und innerhalb weniger Tage nicht mehr zu essen kaufen können,
Gib uns Mut – Gott
Gib uns wache Augen – Gott
Gib uns die Kraft für jeden Tag und die Gabe, das Gute, das Nährende für uns selbst und für die Geschwister um uns herum zu erkennen.
Gemeinsam beten wir:
Unser Vater/Unsere Mutter im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Wir bitten mit dem folgenden Lied um den Segen Gottes:
Lied 349, 1-3 Segne und behüte
1. Segne und behüte uns nach deiner Güte.
Gott, erheb dein Angesicht über uns
und gib uns Licht.
2. Schenk uns deinen Frieden alle Tag hinieden,
gib uns deinen Heilgen Geist,
der uns stets zu Christus weist.
3. Amen, Amen, Amen. Ehre sei dem Namen
unsers Herren Jesus Christ,
der der Erst und Letzte ist.
Segen
Guter Gott wir bitten dich um deinen Segen:
Gott segne uns und behüte uns,
lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig,
hebe schützend und stärkend dein Angesicht auf uns
und schenke uns allen deinen Frieden.
Amen.
Orgel, Ausgangsspiel