von Pfarrer Roland Durst, Lupsingen
Als Vorbereitung
Herzlich willkommen zu diesem besonderen Gottesdienst, wie wir ihn seit dem 22. März über die elektronischen Medien anbieten.
Wann immer Sie sich diese Einkehr gönnen, nehmen Sie sich ein wenig Zeit für die Vorbereitung:
• richten Sie es sich gemütlich ein, und zünden Sie eine Kerze an
• stellen Sie sich gerne ein Glas Wasser, einen Tee oder Kaffee in Reichweite
• denken Sie an jene Menschen, die Ihnen nahe sind, mit denen Sie aber wegen des Notstands nicht zusammen sein können
• die Texte der Lieder sowie sämtliche Zitate aus den biblischen Büchern sind nachstehend abgedruckt
Wir wünschen Ihnen eine wohltuende Feier.
Karin Engelbrecht (Homepage), Jörg Rudin (Orgel) und Roland Durst (Pfarrer)
J.G. Walther: Lobe den Herren
Gruss/Begrüssung
Sonntag Misericordias Domini.
Die Barmherzigkeit Gottes.
Das Mitleid des Herrn.
Auch in diesen bizarren Tagen des viralen Notstandes.
Das göttliche Wirken trägt in der Not und im Mitgefühl;
Jesus der Christus liebt bedingungslos, heute und immer wieder neu;
Daran erinnere uns der himmlische Hauch, jene Kraft, die es bis zu unserem Herzen schafft.
Christus spricht: ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören auf meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.
(Joh10, 11a. 27-28a)
Amen.
Liebe Stubengemeinde
Der heutige Sonntag erhielt seine Bezeichnung aus dem 89-sten Psalm:
Die Gnadentaten des Herrn will ich ewig besingen.
Daraus spricht viel Dankbarkeit.
Und wenn diese Dankbarkeit in Form von Gesang zum Ausdruck gebracht wird, dann steckt darin sicher auch jede Menge Freude und Erleichterung.
Die Gnadentaten des Herrn weisen darauf hin, dass da Wunderbares, Überraschendes geschehen sein muss – und das nicht nur einmal.
Immer wieder.
Immer wieder von Neuem.
Weil sie als Gnadentaten Gottes erfahren wurden, sind sich die betreffenden Menschen der eigenen Ohnmacht sehr wohl bewusst:
Die Not war Mensch gemacht, die Wende hin zum Guten eher nicht.
Die schon seit Wochen anhaltende Notstandssituation wegen Covid19 in vielen Ländern der Welt lässt bizarre Phänomene ins Kraut schiessen:
Dieses Virus sei absichtlich verbreitet worden;
Covid19 sei eine Strafe Gottes!;
Amerikanische Prediger bekämpfen das Virus, indem sie es Jesus in Gebeten übergeben oder mit viel Getöse und gezielt eingesetzten Showeffekten auf Selbiges spucken;
Das Virus verbreite sich nur deshalb, weil in vielen Weltregionen das 5G-Netz zur schnelleren Internetnutzung ausgebaut werde.
Derlei Auswüchse machen deutlich: Wir brauchen stets einen Schuldigen. Und wenn der nicht direkt auszumachen ist, dann bleibt immer noch die Möglichkeit, dass Gott uns mit derlei Krankheiten etwas sagen will.
Warum gelingt es uns jedoch nicht, vor der eigenen Türe zu kehren?
Sind nicht wir diejenigen, die alles möglichst schnell und möglichst billig per Mausklick bestellen wollen?
Fliegen nicht wir um die halbe Welt, nur weil es scheinbar unwiderstehlich billig ist?
Haben nicht wir den Eindruck, Ferien in Frutigen, in der mecklenburgischen Seenplatte oder auf Schusters Rappen von Basel nach Genf seien bünzlig?
Ich denke, wir löffeln eine Suppe aus, die wir uns selber zubereitet haben.
Und es wird nicht die letzte dieser Art bleiben.
Führende Wissenschafter*innen sind der Ansicht, dass aufgrund der Klimaveränderungen derlei Pandemien je länger desto eher zu unserem Alltag gehören werden.
Patentrezepte hierfür gibt es keine seriösen. Aber es lohnt sich nachzudenken.
Über diese Welt und vor allem über mein eigenes Tun und Lassen darin.
Lied 15, 1.3.5 Der Herr ist mein getreuer Hirt
1. Der Herr ist mein getreuer Hirt,
nichts fehlt mir, er ist gut.
Weil er mich leitet und mich führt,
bleib ich in guter Hut.
2. Auf rechtem Pfade führst du mich,
bist bei mir Tag und Nacht.
Mein Herr und Hirt, ich preise dich
ob deines Namens Macht.
3. Nur Huld und Güte folgen mir,
nichts fehlt mir, du bist gut.
Weil du mich leitest für und für,
bleib ich in guter Hut.
Gebet
Wohin soll das führen, du Gott?!
Lieben soll ich
meinen Nächsten so,
wie ich mich selbst liebe!
Wie soll ich das schaffen?
Und woher kommt die milde Geduld dazu?
Aber bei der Liebe zu den Feinden,
da stockt mir der Atem,
bäumt sich Widerstand in mir auf:
Was für eine überfordernde Torheit!
Daran kann ich nur scheitern!
Und dennoch soll ich darauf hoffen, darauf vertrauen?
Weltfremd
wer denkt
dass die Feindesliebe
unpraktisch ist –
der bedenkt nicht
die praktischen Folgen
der Folgen
des Feindeshasses.
(Erich Fried)
Liebe ist das Fundament
und der Kitt,
der das Wir zusammenhält.
Wir –
das sind wir alle,
Freundin und Feind,
die Vertrauten und die Fremden!
Wir –
die Alternative sind Ausgrenzung und Hass,
die Zersetzung der Gemeinschaft.
Hüten wir uns davor!
Nähren wir das Miteinander
durch ein liebevolles Füreinander –
uns und unserem Nächsten zuliebe.
Amen.
Lied 18, 1.2.5 Der Herr, mein Hirte, führet mich
1. Der Herr, mein Hirte, führet mich.
Führwahr, nichts mangelt mir.
Er lagert mich auf grünen Au’n
Bei frischem Wasser hier.
2. Erquickung schenkt er meiner Seel
und führet gnädiglich
um seines hohen Namens Ehr
auf rechter Strasse mich.
5. Ja, deine Güte folget mir
mein ganzes Leben lang.
Und immerdar im Haus des Herrn
ertönt der Lobgesang.
Predigt zu 1Petr2, 21-25 – Berufung und Vorbild
Wir neigen also dazu, für so Vieles einen Schuldigen auszumachen.
Von diesem Phänomen berichtet die hebräische Bibel bereits, denn dort ist jenes Ritual beschrieben, das wir mit einem einzigen Wort bis heute bewahrt haben: Der Sündenbock.
An Jom Kippur übertrug der Hohepriester einem Ziegenbock die Last aller Verfehlungen des ganzen Volkes Israel, indem er sie dem Bock auf den Kopf legte. Danach wurde der Ziegenbock von einem Mann in die Wüste getrieben, auf dass der Bock die Schuld in die Öde trage.
Die im Buch Leviticus (3. Buch Mose) beschriebene Übertragung von Schuld auf ein ganz und gar unschuldiges Tier weckte schon oft Ärger und Unmut in mir. Wieso schaffen wir Menschen es nicht, für das, was wir tun oder unterlassen, selber gerade zu stehen?
Wieso muss ausgerechnet für unsere Verfehlungen ein unschuldiges Tier herhalten?
Damit aber nicht genug.
Im Neuen Testament wird mit dem gewaltsamen Tod Jesu das Ziegenbockopfer noch überboten:
Jetzt wird ein Mensch geopfert!
Und dieser Mensch soll auch noch der Sohn Gottes gewesen sein.
Das ist ein Skandal!
Ein Skandal, der nicht wirklich zu verstehen ist.
Darum soll hier nicht das Für und Wider einer wie auch immer zu denkenden Opfer- und Sühnetheologie ausgebreitet werden.
Zwei Begriffe stehen im Zentrum:
Vorbild und Berufung.
Die Grundlage dafür bilden folgende 5 Verse aus dem 2. Kapitel des ersten Petrusbriefes:
21 Denn in dieses Leben seid ihr berufen: Weil auch Christus für euch litt, euch hinterliess er das Vorbild, damit ihr seinen Spuren folgt. 22 Der nichts Übles getan hat, keine List kam aus seinem Mund, 23 der geschmäht wurde, aber selbst nicht schmähte, er litt und drohte nicht, überliess es Gott, für Recht zu sorgen. 24 Der unsere Verfehlungen selbst an sich trug, an seinem Körper bis zum Kreuz, damit wir leben sollen, um zu tun, was gerecht ist, weil wir getrennt sind von allem, was verfehlt ist. Durch seine Striemen seid ihr geheilt. 25 Denn ihr wart verirrt wie Schafe, aber nun habt ihr euch dem Hirten zugewendet, der euer Leben behütet. (1Petr2, 21-25)
Liebe Lesende und Mitdenkende
Gleich die ersten Worte dieses kurzen Abschnitts legen den Boden, auf dem die Verantwortung zu stehen kommt:
Das Leben als eine Berufung.
Es ist weit mehr als eine unbekannte Anzahl von Jahren, die es irgendwie hinter sich zu bringen gilt.
Sicher, es gibt Phasen, da gleicht das eigene Leben eher einem Job, den wir erfüllen sollen – da gibt es schlicht keinen Raum für Schönes, Ruhiges oder Neues. Vielmehr gilt es, diese Zumutung Leben in ihrer überfordernden Fülle irgendwie auszuhalten.
Doch seit einigen Wochen stehen viele Bereiche der Wirtschaft still, und unzählige Menschen verbringen soviel Zeit bei sich zu Hause, wie wohl noch nie zuvor in ihrem Leben.
Auch wenn die Belastungen gerade für Familien dadurch nicht geringer wurden, so sind es doch andere als sonst.
So unterschiedlich dieses durch Covid19 bedingte Herunterfahren unseres gewohnten Alltags auch erlebt wird, so sehr eröffnet diese Periode der Reduktion die Möglichkeit, sich auf Grundlegendes zu besinnen.
Denn in dieses Leben sind wir ge- und berufen worden. Aber in was für eines?
Was macht denn mein Leben wert, es als solches zu schätzen, ja zu lieben?
Trachte ich danach, meinem Leben mehr und mehr Jahre zu geben oder meinen Jahren mehr und mehr Leben?
Wurde ich in diesen sonderbaren, beinahe surrealen Wochen jenes dünnen Fadens ansichtig, an dem mein Leben, an dem ein jedes Leben hängt?
Und keimten in diesen notständigen Wochen Sehnsüchte in mir auf, die sonst unter der Decke von Konsum, Freizeitplanung, Termindruck und multimedialem Nonstopinformationstsunami unbemerkt vor sich hinschlummern?
Gerne können Sie sich ein wenig Zeit lassen, um über die eine oder andere Frage nachzudenken, vielleicht sogar mit ihrem Gegenüber ins Gespräch zu kommen.
Jesus der Christus wird in diesen wenigen Versen des Predigttextes als Vorbild beschrieben.
Und in mancherlei Hinsicht kann er das ja wohl ganz und gar sein. Etwa in seiner Art, sich anderen Menschen gegenüber zu verhalten. Vor allem die Kranken, die Ausgegrenzten und sogenannt Schwachen waren ihm besonders nahe.
Aber er verhielt sich zutiefst anders als man das für gewöhnlich erwarten konnte:
Statt Vergeltung propagierte Jesus Verzeihung;
Statt andere zu schelten, stand er für Ermutigung ein;
Anstatt mit aller Gewalt zu kämpfen, vertraute er voll und ganz auf die Macht der Liebe;
Und Jesus ist nicht gekommen, um zu herrschen, sondern um zu dienen, um mitzufühlen und um den Leidenden beizustehen.
Ein in der vergangenen Woche erschienener Zeitungsartikel war mit dem Titel überschrieben: ‘Die Coronakrise ist ein Brennglas’ (bz vom 22. April). Darin wurden Effekte beschrieben, die Pandemien auf gesellschaftliche und soziale Konflikte haben. Gerade in solch schwierigen Zeiten zeigt sich in verstärktem Masse, woran es in unserem Zusammenleben hapert. Es wird offensichtlich, was sonst verborgen bleibt – das ist der Brenn- oder Vergrösserungsglaseffekt.
So trat in unseren Breitengraden unter anderem klar zu Tage, dass die Pflegeberufe chronisch unterbewertet sind, dass Spitäler nicht für Renditen zuständig sein sollen, sondern für die Gesundheit der Menschen.
Und in einem globalen Blick ist zu konstatieren, dass der Graben zwischen reichen und armen Ländern noch viel stärker klafft als sonst. In Sachen Krankheit und Tod werden sich die weltweiten Auseinandersetzungen wohl noch verschärfen, wer über die Verteilung der lebenswichtigen Ressourcen entscheidet. Denn auch in Sachen Gesundheit sind fehlende Bildung und damit einhergehende Armut die weitaus gravierendsten Risikofaktoren.
Und hier greifen die beiden Stränge der Berufung und des Vorbilds ineinander.
In seiner systemkritischen und bedingungslos auf Mitmenschlichkeit hin angelegten Lebensweise soll uns Jesus der Christus gerne Vorbild sein. In seinem Fokus stand das Wohl aller. Und dieses Wohl bezog sich genauso auf das leibliche wie auch auf das seelische.
Darum erachte ich es als not-wendend zu überdenken, in welcher Weise mein eigenes Handeln und Denken zum Wohl der Allgemeinheit beitragen. Eine solche Befragung des eigenen Lebenswandels ist eng mit der Frage danach verbunden, wozu ich dieses Leben hier führe und worauf ich es gründe.
Ob mir diese Krisenwochen, deren Verlauf und ihre vielfältigen Auswirkungen zu denken geben und was ich daraus für Schlüsse für mein weiteres Leben ziehe, liegt allein in meiner Verantwortung.
Es wäre grossartig, wenn wir weder einfach noch überhaupt zur einstigen Normalität übergehen würden.
Lassen Sie es uns anders wagen!
Amen.
Hannes Meyer: Beim Pipa
Abkündigung, Fürbitten und Unser Vater
Zwischen den Fürbitten Kyrieruf 195
Am 17. April verstarb aus unserer Gemeinschaft
Hansjörg Furler-Ankli
im 81-sten Lebensjahr.
Herr Furler war wohnhaft gewesen an der Bündtenstrasse in Lupsingen.
Die letzten Monate seines Lebens verbrachte er im APH Frenkenbündten in Liestal.
Die Beisetzung findet im engsten Familienkreis statt.
Den traurigen Angehörigen sei es in ihr Herz gelegt, dass sie sich auch in dieser schwierigen Zeit von so manchem Gebet und vielen guten Gedanken getragen wissen dürfen.
Und spräche ich: Finsternis breche über mich herein, und Nacht sei das Licht um mich her,
so wäre auch die Finsternis nicht finster für dich, und die Nacht wäre licht wie der Tag, Finsternis wie das Licht. (Ps139, 11-12)
Du Göttliches,
unser Leben ist ein Wimpernschlag im gesamten Kosmos und Weltenlauf – und doch braucht es jede und jeden von uns, sonst wird das gigantische Werk dereinst nicht vollkommen sein.
Wir bitten dich, nimm Hansjörg Furler-Ankli in deine Obhut, wische den traurigen Angehörigen ihre Tränen ab mit der sanften Kraft eines ermutigenden Wortes und schenke uns allen Zufriedenheit und Dankbarkeit im eigenen Dasein, Tag-für-Tag.
Wir bitten dich darum – kyrie eleison
Du Göttliches,
lieblose Gleichgültigkeit, sinnentleerte Machtgier und von Angst geleitete Nabelschau machen das Miteinander und Füreinander schwierig und belastend.
Bitte wecke in mir das respektvolle Interesse an meinem Nächsten wie an mir selbst und die Freude daran, dadurch immer wieder Berührendes und Neues zu entdecken.
Wir bitten dich darum – kyrie eleison
Du Göttliches,
jeden Tag hält uns das Leben eine Fülle von Möglichkeiten bereit, uns so oder anders zu entscheiden.
Bitte nähre in uns das Vermögen, den guten Absichten auch Taten folgen zu lassen.
Wir bitten dich darum – kyrie eleison
Du Göttliches,
ab und zu ist es hilfreich und wohltuend, sich an jemandem zu orientieren, sich an jemanden anlehnen zu können.
Bitte schenk uns die innere Grösse, in solchem Tun eine tiefe Stärke zu erkennen.
Wir bitten dich darum – kyrie eleison
In die Stille des Innehaltens lassen wir lautlos unser Herz sprechen woran es schwer trägt oder worüber es jubelt
Stille …
Wir bitten dich darum – kyrie eleison
Gemeinsam beten wir:
Unser Vater im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Lied 349, 1-3 Segne und behüte uns
1. Segne und behüte
uns nach deiner Güte.
Gott, erheb dein Angesicht
über uns und gib uns Licht.
2. Schenk uns deinen Frieden
alle Tag hienieden,
gib uns deinen heil’gen Geist,
der uns stets zu Christus weist.
3. Amen, Amen, Amen.
Ehre sei dem Namen
unsers Herren Jesus Christ,
der der Erst’ und Letzte ist.
Segen
Gott segne dich und behüte dich
und führe dich über dich hinaus zur Begegnung
mit deinen Nächsten.
Die Liebe behüte und segne dich
und stärke dein Herz im Einstehen für Gerechtigkeit.
Die Gnade begleite dich
auf dem Weg von den Ersten zu den Letzten.
Die Weisheit sei mit dir
und nähre deine Geduld und Gelassenheit.
Amen.
Peter Warlock: Capriol Suite Basse-Dance